Zwischen Barock und Flamenco

Der folgende Bericht wurde ursprünglich im Mai 2018 auf dem Nachrichtenportal Ruhrtal Journal veröffentlicht.

Schwerte – Die Konzertgesellschaft Schwerte ist dafür bekannt, immer wieder Ausnahmemusiker aus aller Welt nach Schwerte zu holen. Genau das war auch am Donnerstag, den 18. Mai der Fall. Das Ensemble „Los Temperamentos“ spielte auf Einladung der Konzertgesellschaft in der St. Viktor-Kirche. Los Temperamentos, das ist eine Gruppe aus europäischen und südamerikanischen Musikern, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, eine kaum bekannte Seite klassischer Musik zugänglich zu machen: Alte Musik mit Einflüssen aus Südamerika.

Im Kirchenschiff der St. Viktor-Kirche entstand so ein ganz besonderes Klangerlebnis: In einem Stil, der sich gefühlt zwischen den beiden Extremen Barock und Flamenco bewegte, brachten die Musiker Stücke aus dem Südamerika und Europa des 16., 17. und 18. Jahrhunderts zu Gehör, von europäischen Komponisten wie Tarquinio Merula oder Domenico Scarlatti, die exotische Einflüsse aus der „Neuen Welt“ erkennen lassen, bis hin zu originalen überlieferten Liedern aus südamerikanischer Folklore.

Wer hätte gedacht, dass sich die Musik indianische Regentänze beispielsweise auf Cembalo (Nadine Remmert), Blockflöte (Alessandro Nasello) und Barockvioloncello (Néstor Fabián Cortés Garzón) spielen lässt?

Mal war es heißblütige, wilde Tanzmusik, erstaunlich rhythmisch und erstaunlich perkussiv, mal ging die Musik mühelos in ein sehnsuchtsvolles Liebeslied über. Die Lieder, meisterlich gesungen von Swantje Tams Freier, erzählten immer Geschichten aus dem fernen Südamerika, etwa von Liebe und Eifersucht, oder vom Schicksal eines verschleppten Sklaven. Vor allem die zärtlichen Klänge der Erzlaute, gespielt von Hugo Miguel de Rodas Sanchez, erzeugten eine schon fast meditative Atmosphäre, und luden zum Träumen ein. Eines war das Konzert in jedem Fall: Eine Reise durch Welten.

Ihr Können stellten die Musiker auch bei der Zugabe unter Beweis: Statt einfach eines der Stücke zu wiederholen, improvisierten sie einfach ein Stück aus dem Stehgreif, genau so feurig, genau so rhythmisch, und stellenweise auch genau so verträumt wie die vorherigen Stücke. Auch hier gelang Los Temperamentos das Zusammenspiel perfekt.

Man merkt den Künstlern ihre jahrelange Erfahrung an, sie können auf gemeinsame Konzerte Mexiko, Peru und Bolivien zurückblicken, und auf noch anstehende Konzerte in Belgien, Frankreich und Portugal vorausblicken. Bleibt nur zu hoffen, dass die Konzertgesellschaft auch weiterhin so hochkarätige Musiker nach Schwerte einlädt.

Tristan Thietz